Neben der Eisenindustrie hatte sich vor einigen Jahrhunderten noch eine andere Industrie an der oberen Dietzhölze niedergelassen. Es war dies eine Glashütte, die zu Anfang des 17. Jahrhunderts etwa eine Stunde über Rittershausen an der Dietzhölze erbaut worden war.
Leider hat diese Industrie in unserer Gegend nicht feste Wurzeln schlagen können, sondern hat hier nur ein kurzes Dasein gefristet. Die Stürme des dreißigjährigen Krieges tragen wohl die Hauptschuld, daß dies kaum gepflanzte Bäumchen wieder entwurzelt wurde und verdorrte.
Im Jahre 1607 war die Erbauung dieser Glashütte an der oberen Dietzhölze in Vorschlag gebracht worden und bald darauf um Martini 1608 war der Bau zustande gekommen. Den Platz an der oberen Dietzhölze hatte man für eine Glashütte wohl vor allen aus dem Grunde gewählt, weil die Wälder hier einen großen Holzreichtum bargen und weil der feine Glassand, um in Fluß zu kommen, viel Feuerung und eine starke Hitze braucht.
Bei der Erbauung dieser Glashütte über Rittershausen war mit der Landesherrschaft vereinbart worden, daß nur Buchen, Birken und anderes Holz zur Glashütte gebraucht werden durfte, Eichen dagegen, die man damals vor allem als Bauholz verwendete, durfte nicht angerührt werden. Weiter war vereinbart worden, daß von der Glashütte statt des Grundzinses jährlich 3000 reine Glasscheiben und 24 Dutzend Trinkgläser der besten Gattung zur Hofhaltung nach Dillenburg geliefert werden mußten.
Ein großer Distrikt Wald war der Glashütte über Rittershausen zum Holzverbrauch angewiesen worden. Er erstreckte sich vom „Alten Schlage“ der Dietzhölze durch das „Raer Ort“ bis an „Flößweiher“ und von da bis auf die „Lampertsstruth“. Es sollen dies 500 Morgen Buchenwaldes gewesen sein.
Becher in seiner mineralogischen Beschreibung der Oranien-Nassauischen Lande meint, daß der völlige Verbrauch des Holzes in diesem angewiesenen Distrikte die Ursache gewesen sei, daß die Glashütte an der oberen Dietzhölze nach kurzem Bestehen von kaum einem Jahrzehnt wieder eingegangen sei. Verhängnsvoller für die Glashütte, die nach Tertors Chronik 1617 noch ging, war jedenfalls der dreißigjährige Krieg, der bald darauf ausbrach und auch dem Nassau=Dillenburger Lande und seiner Industrie die schwersten Stunden schlugen.
Der Chronist Johann Textor von Haiger, der seinen Schwiegervater, den Gerichtsschreiber Conrad Geise zu Ebersbach wohnen hatte, und er manchmal dort für seinen Schwiegervater die Protokolle der Ebersbacher Gerichtsverhandlungen niedergeschrieben hat, wird die Glashütte in der nahen Dietzhölze wohl aus eigener Anschauung gekannt haben. In seiner 1817 erschienenen Nassauischen Chronik schreibt er: „obig dem Dorf Ebersbach in dem Wald der Dietzhölze ist vor neun Jahren eine Glaß-Hütte darinnen allerhand Gattung schön und sauber Glaß gemacht, aufgerichtet worden“.
Der dreißigjährige Krieg hat dann diese Glashütte hinweggefegt. Nur der Name „bei der Glashütte“ hat im oberen Dietzhölztale Jahrhunderte lang weiter bestanden, und noch heute kennzeichnen Glasschlacken in der Dietzhölze über Rittershausen die Stelle, wo sich einst die Glasindustrie in unserer Gegend häuslich niedergelassen hatte.
Vielleicht birgt noch hie und da ein Speicher in unseren Dörfern ein Zeugnis aus der ehemaligen Glashütte, vielleicht ist auch ein Glas, eine Flasche oder anderes von dort unerkannt in eins unserer Museen gewandert. In meinem Besitz befindet sich ein altes Weinglas unbekannter Herkunft mit einem eingeschliffenen Wappen, das oben einen Löwen und darunter drei Sterne zeigt.