Schon für den Standort der Steinbrücker Hütte hatte man das grundwassergefährdete Gebiet längs der Dietzhölze gemieden und einen besonderen Wassergraben angelegt. Er führte zu einer Talnische zwischen dem „Sasenberg“ und dem „Stein“. In dieser Mulde liegt Steinbrücken gegen Nord- und Westwinde geschützt auf einer hochwasserfreien Terrasse über dem Bachbett. Diese Talnischenlage hat einige Vorteile: Fast aus allen Flurteilen können die vollen Erntewagen auf der Heimfahrt dem Gefälle folgen; hinsichtlich der Agrarfläche liegt die Siedlung an der Grenze zwischen Ackerland und dem Grünland, das für die tägliche Viehfütterung in der Nähe gebraucht wird; der Ortsverbindungsweg am Talrand von Eibelshausen nach Ewersbach ordnete das Dorf in das bestehende Verkehrsnetz ein; die aus dem Sasenberg austretenden Wasseradern sicherten die Trinkwasserversorgung. So sind für die Standortwahl Wasservorrat, Wiesennähe, eine zentrale Lage zur Flur, Windschutz, Anschluss an das überörtliche Verkehrsnetz und ein günstiger Industriestandort bestimmend gewesen.

Von den Urhöfen bis zum Haufendorf

Die Erbauung der Steinbrücker Hütte um 1420 gab den Anstoß zur Erweiterung der Einzelsiedlung des Einsiedlers zu einer kleinen Gehöftgruppe. Von dieser Zeit an nennen die Urkunden stets vier Urhöfe in Steinbrücken, die das Recht der „Hüttenfreiheit“ innehatten; die vier Schmiede der Urhöfe waren mit ihren Familien von allen grundherrlichen Lasten und Frondiensten befreit.
Im Hochmittelalter stieg die Zahl der Höfe und Gebäude in Steinbrücken langsam, doch beständig an, und 1566 werden bereits 15 Familien erwähnt. Von da an bis zum Ende des Dreißigjährigen Krieges 1648 sank die Bevölkerungszahl infolge des Krieges und seiner Seuchen wieder ununterbrochen ab. Allein im Jahre 1597 starben in Steinbrücken von den rund 70 Einwohnern innerhalb von sechs Wochen 22 Personen an der Pest. 1611 hatte das Dorf nur noch vier Familien. Zwischen 1583 und 1628 werden in den Steuerlisten 29 Familienväter namentlich aufgeführt, darunter ein Hans Mitze, ein Vorfahre des letzten Steinbrücker Bürgermeisters.
Selbstverständlich traten in der Berufsschichtung der Einwohner noch immer die Schmelzer, Hammerschmiede und Erzfuhrleute besonders hervor, doch die Ansiedlung war inzwischen mehr und mehr zu einer Ortschaft mit hauptsächlich kleinbäuerlicher Erwerbsstruktur herangewachsen, die entsprechend den natürlichen Gegebenheiten des Geländes sich später unregelmäßig um die vier Urhöfe gruppierenden neuen Gebäude bildeten ein enges Haufendorf mit regelloser Anlage.
Von Anfang an erwarben die Einwohner in einer kennzeichnenden „Zweigleisigkeit“ ihren Lebensunterhalt. Sie waren einerseits Bauern, die sich auf dem kargen Boden redlich abrackerten und mit den Nachbar- gemeinden um die Weiderechte oft genug erbitterten Streit führten, andererseits verdienten sie im industriellen Nebenerwerb als Hüttenmänner, Köhler und Fuhrleute manches Stück Geld hinzu. Dieser Typ „des „Hüttenbauern“ hat sich bis in die jüngste Vergangenheit erhalten. Erst seit wenigen Jahren ist die Landwirtschaft bedeutungslos und aus dem Dorf der Hüttenbauern in kurzer Zeit eine reine Arbeiterwohngemeinde geworden.

Vom Großfeuer des Jahres 1758 bis zur Gegenwart

Im Juni des Jahres 1758 vernichtete ein drei Tage lang wütendes Großfeuer von den 89 Wohnhäusern, Scheunen und Ställen des Dorfes 73 Gebäude. Um den Geschädigten zu helfen, erlaubte die Landesherrschaft mehrere Sammlungen, und die von den Steinbrückern ausgeschickten „Kollektanten“ wanderten bis nach Holland, Hannover, Hamburg und Dänemark, um dort eine Spende für die schuldlos verarmte Bevölkerung zu erbitten. Um die Feuersgefahr künftig zu vermindern, wurden beim Wiederaufbau des Dorfes die Scheunen von den Wohngebäuden getrennt und ihrer größerer Gefährdung wegen am Rand der Ortschaft errichtet.
Nach dem Ausbau der Ortsverbindungswege zu festen Chausseen in der ersten Hälfte des 19.Jahrhunderts reihten sich dann die neuen Gebäude an dieser Strassen-Leitlinie aneinander, und so entstanden vom Dorfkern aus nach Norden und Süden lange, zweizeilige Häuserreihen, die die Ortschaft in Ober- und Unterdorf gliedern. 1937 begann die Bebauung am „Ziegenberg“. Hier hat sich inzwischen auf der gegenüberliegenden Talseite eine größere, ständig wachsende Tochtersiedlung entwickelt. Auch die jetzigen Neubaugebiete am „Stein“ und im „Schosseifen“ liegen abseits der Hauptverkehrsstraße und ermöglichen ein ruhiges Wohnen ohne Lärmbelästigung.
Erst seit etwa 1800 trat in der Bevölkerungsbewegung ein spürbarer Wandel ein. Steinbrücken erfuhr als industrie- und verkehrsnaher Ort eine merkliche Zunahme an Menschen und hatte dann von 1820 an bis 1900 gleich bleibend rund 250 Einwohner. Im Jahr 1854 gab es in Steinbrücken folgende Berufe:

37 Landwirte
12 Hüttenarbeiter
8 Mägde
6 Hirten
5 Knechte
5 Hammerschmiede
4 Hüttenbesitzer
3 Schuhmacher
3 Schmiede
2 Bergleute
2 Maurer
2 Gastwirte
2 Lehrer
2 Schneider
1 Strohdecker
1 Hüttenverwalter
1 Nachtwächter
1 Förster
1 Wegeaufseher
1 Steiger
1 Schreiner
1 Tagelöhner
1 Feldhüter
1 Kaufmann
1 Modelleur

Nach der Aufnahme der Heimatvertriebenen aus den deutschen Ostgebieten 1946, dem Zuzug infolge der Umwandlung des Dorfes in eine Arbeiterwohngemeinde und der Unterbringung von etwa 70 italienischen und spanischen Gastarbeitern seit dem Jahr 1960 hat der Einwohnerstand heute fast die Zahl 1000 erreicht.
An technischer Ausrüstung für die Gebäude erhielt Steinbrücken bereits 1902, noch vor der Kreisstadt Dillenburg, elektrische Beleuchtung, die man mit Hilfe der Wasserkraft im Gelände des ehemaligen Stabhammers selbst erzeugte. Während noch, im 19. Jahrhundert in jedem Haus ein eigener Brunnen vorhanden war, legte die Gemeinde 1893 eine Wasserleitung an, die das Trinkwasser zu drei an der Hauptstrasse verteilten Brunnen führte. 1906 wurden von dieser Leitung ab die Hausanschlüsse verlegt. Wegen des erhöhten Wasserbedarfs wurde 1935 ein Pumpwerk eingerichtet. Nach der erneuten Einwohnervermehrung am Ende des zweiten Weltkrieges konnte der empfindliche Wassermangel der Nachkriegsjahre 1953 durch eine erfolgreiche Tiefbohrung behoben werden.